Prof. Dr. Claudine Kraft, CIBSS-Sprecherin und Forscherin an der Universität Freiburg hat einen Synergy Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) eingeworben. Über einen Zeitraum von sechs Jahren erhalten sie und ihre beiden internationalen Partner insgesamt 10 Millionen Euro für das Projekt „DegrAbility: On the Degradability of Protein Aggregates by Autophagy.“ Ziel des Projekts ist es, besser zu verstehen, warum der als Autophagie bezeichnete zelluläre Recyclingprozess bestimmte Arten von Proteinaggregaten nicht abbauen kann, und dieses Wissen zu nutzen, um die Autophagie im Alterungsprozess und bei Krankheiten zu verbessern. Kraft wird etwa 3,33 Millionen Euro für ihren Teil des Projekts erhalten.
ERC Synergy Grant für Prof. Dr. Claudine Kraft
Prof. Dr. Claudine Kraft ist Teil eines Teams, das einen ERC Synergy Grant in Höhe von zehn Millionen Euro für seine Forschung darüber erhält, wie Autophagie große Proteinaggregate in Gesundheit und Krankheit abbaut.
Prof. Dr. Claudine Kraft. Foto: Jürgen Gocke / Universität Freiburg
Die Interaktion mit dem Aggregat hemmt den Autophagie-Mechanismus
Die Zellen in unserem Körper erneuern sich ständig: Beschädigte oder nicht mehr benötigte Bestandteile werden beseitigt und die Ausgangsstoffe recycelt. Aggregierte Proteine werden durch einen Prozess namens Autophagie entfernt. Bei Alterungsprozessen und neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer funktioniert die Autophagie nicht mehr richtig. Infolgedessen sammeln sich große Proteinaggregate an und schädigen die Zelle.
Solange die Aggregate in einem flüssigkeitsähnlichen, dynamischeren Zustand verbleiben, erkennt die Autophagie-Maschinerie sie und leitet den Abbauprozess ein. Doch irgendwann versteifen sich die Aggregate und können nicht mehr effizient durch die Autophagie entfernt werden. „Bisher ging man davon aus, dass die Eigenschaften des Aggregats darüber entscheiden, ob es abgebaut werden kann oder nicht“, sagt Kraft. „Erste Ergebnisse der Forschung meiner Gruppe und der meiner beiden Partner deuten jedoch darauf hin, dass das Problem vielmehr in der Wechselwirkung zwischen der Autophagie-Maschinerie und dem Aggregat liegt.“ Ihr Team konnte bereits zeigen, dass diese molekulare Wechselwirkung dynamisch bleiben muss – sobald das Aggregat zu fest gebunden ist, stockt die Autophagie und Aggregate häufen sich an.
Das Projekt „DegrAbility“ wird die Mechanismen entschlüsseln, die diesen Prozess steuern, um mögliche Strategien zur Aufhebung der Blockade zu erforschen. Dies könnte Patienten zugutekommen, die an schweren neurodegenerativen Erkrankungen und anderen altersbedingten Beschwerden leiden, indem toxische Aggregate wie beispielsweise Plaques bei der Alzheimer-Krankheit beseitigt werden.
Gemeinsam die Voraussetzungen für effiziente Autophagie erforschen
Kraft hat sich mit Prof. Dr. James Hurley vom Institut für Molekular- und Zellbiologie der University of California Berkeley, USA, und Prof. Dr. Sascha Martens vom Max Perutz Labs der Universität Wien, Österreich, zusammengetan. Die Expertise von Hurley im Bereich hochauflösender Strukturanalysen wird die Wechselwirkung zwischen Aggregat und Autophagie-Maschinerie auf atomarer Ebene sichtbar machen, während Martens biochemische Rekonstitutionssysteme einsetzen wird, um sie auf molekularer Ebene zu testen und zu manipulieren. Kraft wird gezielt veränderbare Zellmodelle verwenden, um zu verstehen, wie diese Mechanismen die Autophagie im biologischen Kontext steuern und welche Auswirkungen dies auf die Zellfunktion hat.
Kraft betont: „Die Expertise, auf die wir hier zugreifen, ist nur dank unserer drei sich ergänzenden Ansätze möglich.“ Mit „DegrAbility“ hoffen die Wissenschaftler*innen und ihre Teams, einen Beitrag zur Entwicklung von Therapieansätzen zu leisten, die auf toxische Proteinaggregate abzielen. „Unser oberstes Ziel ist es, neue Mechanismen zu identifizieren, die in Zukunft gezielt den Proteinabbau bei Alterungs- und Krankheitsprozessen fördern könnten“, erklärt Kraft.
Über Claudine Kraft
Claudine Kraft ist Professorin am Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Freiburg. Ihre Gruppe erforscht die molekularen Mechanismen der Autophagie, des grundlegenden Recyclingprozesses in Zellen. Sie untersuchen, wie Zellen interne Komponenten identifizieren und abbauen, und tragen so zu Erkenntnissen über Krankheiten wie Alzheimer und Krebs bei. Seit 2017 ist sie Professorin an der Universität Freiburg, seit 2019 Mitglied von CIBSS und seit 2025 Mitglied des CIBSS-Leitungsteams. Sie bekleidete außerdem Forschungspositionen an der Universität Wien, der ETH Zürich und der Universität Manchester. Kraft ist Inhaberin eines Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) für das Projekt AutoClean (2018-2025) und leitende Wissenschaftlerin in mehreren kollaborativen Forschungsinitiativen, darunter SFB 1177 Autophagy, SFB 1381 Dynamic Organization of Protein Machineries und das Graduiertenkolleg GRK 2606 ProtPath.
ERC Synergy Grants
Der ERC Synergy Grant unterstützt die Zusammenarbeit von zwei bis vier Forschern, die unterschiedliche Kompetenzen und Ressourcen bündeln, um ambitionierte Forschungsprobleme anzugehen. In diesem Jahr wurden 66 von 712 eingereichten Projektvorschlägen für eine Förderung ausgewählt.