· Personalia

Ein Pionier der „coolen“ Mikroskopie

David Haselbach ist neuer CIBSS Tenure-Track-Professor für Physikalische Chemie mit Schwerpunkt Kryo-Elektronenmikroskopie

Im Mai 2021 trat Prof. Dr. David Haselbach eine Tenure-Track-Professur an Fakultät für Chemie und Pharmazie im Institut für Physikalische Chemie der Universität Freiburg an. Im Exzellenzcluster CIBSS führt er seine bisherige Forschung an Proteinkomplexen, so genannten molekularen Maschinen, fort, die wichtige Aufgaben in Zellen erfüllen. Seine Expertise im Bereich Kryoelektronenmikroskopie ermöglicht es CIBSS, diese aufwändige Technologie neu an der Universität Freiburg zu etablieren. In einem Interview mit Mathilde Bessert-Nettelbeck erzählt er von seiner Begeisterung für die Nanowelt, die Herausforderungen der Elektronenmikroskopie und was „integrativ“ für ihn bedeutet.   

 

Mit welcher Fachbezeichnung würden sie sich beschreiben? Sind Sie Biologe, Physiker, Biochemiker?

David Haselbach: Ich bin kein Freund von Schubladendenken: Die Kategorisierung in unterschiedliche Disziplinen erschwert die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen. Der integrative Blick über Disziplinen hinweg ist mir sehr wichtig für das Verständnis von molekularen Prozessen. Am ehesten würde ich mich als Naturwissenschaftler bezeichnen, vielleicht als Strukturbiologe. Studiert habe ich Biochemie, aber ich habe mich immer sehr für die Physik begeistert. Jetzt werde ich dem Fachbereich der physikalischen Chemie zugeordnet.

Sie sind CIBSS Tenure Track Professor für Physikalische Chemie mit Schwerpunkt Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) – Was fasziniert Sie an ihrem Hauptwerkzeug?

Um es mit den Worten des Physikers Richard Feynman zu sagen: „It is very easy to answer many of these fundamental biological questions; you just look at the thing!” Für meine Forschung heißt das, einzelne Moleküle direkt anschauen. Die Strukturanalysen von Proteinen sind sehr wichtig für die Signalforschung. Das Kryo-EM ermöglicht eine echte Abbildung des einzelnen Moleküls, im Gegensatz zu den indirekten Streu- und Spindaten der Kristallographie und NMR (nuclear magnetic resonance/Kernspinresonanz). Ich verwende das Transmissionselektronenmikroskop (TEM) für gefrorene Proben von aufgereinigten Proteinen (Single Particle EM) oder für extrem dünne schockgefrostete Gewebeschnitte (Tomografisches EM). Seit 2008 nutzte ich die Technologie, schon bevor um 2012 herum viele Arbeitsgruppen begannen, damit zu arbeiten – bevor es cool wurde sozusagen. Im Idealfall sieht man heute nicht nur einzelne Moleküle wie Rezeptoren oder Antikörper in höchster Auflösung, sondern sogar, wie sie auf Signale reagieren und sich verändern. Und das mit den eigenen Augen! Das finde ich faszinierend.

Warum ist Freiburg und das CIBSS der richtige Ort für Ihre Forschung?

Ich freue mich sehr, im Exzellenzcluster für meine eigene Forschung spannende Kooperationen aufzubauen, und mich mit meiner Expertise in den Projekten des CIBSS einzubringen. Die vielen verschiedenen Disziplinen, die bei CIBSS vertreten sind, können auch in der Auswertung der Bilder helfen. Expertise im maschinellen Lernen und Algorithmen aus der künstlichen Intelligenz werden für die Elektronenmikroskopie immer wichtiger. Ich freue mich, in diesem Bereich neue Verbindungen zu knüpfen. Mein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich des Ubiquitin-Proteasom-Systems, was ein zentraler Bestandteil vieler Netzwerke von Signalproteinen ist – das passt natürlich super zum Forschungsansatz bei CIBSS.

Was ist eine molekulare Maschine?

Einige Proteine bilden Komplexe in der Zelle oder in der Zellmembran, die chemische Energie und thermisches Rauschen in mechanische Energie umwandeln können. Oft werden sie mit technischen Maschinen wie Motoren verglichen, aber ich finde das Bild irreführend. Denn diese molekularen Maschinen funktionieren nicht wie Dieselmotoren mit einem Treibstoff, der dann das Fahrzeugt antreibt. Ein bekanntes Beispiel für eine molekulare Maschine ist etwa das Ribosom oder das Proteasom. Diese Komplexe bauen die Proteine der Zelle anhand der Information der RNA zusammen oder bauen sie wieder ab, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Über die Wirkungsprinzipien viele solcher Maschinen wissen wir aber sehr wenig! Viele Signale in der Zelle verlaufen über eine mechanische Veränderung von einem oder mehreren Proteinen: Eine chemische Reaktion oder allein das thermische Rauschen bewirkt eine Umstellung der Atome im Protein. Andersherum ermöglicht erst eine Bewegung die chemische Interaktion mit einem Signalstoff, zum Beispiel, weil die Bewegung neue Bindungsflächen hervorbringt. Das ist anders als im makromolekularen Bereich. Mechanik und Chemie sind auf dieser Skala eigentlich gar nicht mehr zu trennen.

Auf was freuen Sie sich schon in Freiburg?

Freiburg ist im Dreiländereck in der außergewöhnlichen Lage, lokal und international ideal vernetzt zu sein. In den Universitäten und Forschungszentren in der Region gibt es auch sehr spannende Kooperationsmöglichkeiten und Gruppen, mit denen ich mich schon freue, Kontakte aufzubauen. Dabei sind Basel oder Strasbourg genauso nah von Freiburg, wie mein Labor in Wien-Zentrum von meinem derzeitig genutzten Hochleistungs-EM in Niederösterreich. Ein Katzensprung also.

Mehr Informationen:

https://www.imp.ac.at/groups/david-haselbach/