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Freiburger iGEM-Team feiert großartige Erfolge beim Grand Jamboree in Paris

Beim internationalen Wettbewerb für synthetische Biologie wird das Freiburger iGEM Team 2024 für das beste Projekt im Bereich Infektionskrankheiten ausgezeichnet. Ein Bericht von Liv Neumann.

Die Zunehmende Gefahr von Antibiotikaresistenzen und eine innovative Lösung: CAPTURE

Weltweit wird Antibiotikaresistenz mit rund drei Millionen Todesfällen pro Jahr in Verbindung gebracht – eine Zahl, die laut Schätzungen bis 2050 auf bis zu 10 Millionen ansteigen könnte. Damit wäre die Zahl der Todesopfer mit den heutigen Krebsstatistiken vergleichbar. Besonders gefürchtet sind die ESKAPE-Erreger, eine Gruppe multiresistenter Krankenhauskeime. Das diesjährige iGEM-Projekt CAPTURE wurde entwickelt, um die ESKAPE-Erreger, genauer gesagt einen von ihnen, zu “erwischen” – zu CAPTUREn. Im Fokus stand Pseudomonas aeruginosa, der Hauptverursacher von beatmungsassoziierten Lungenentzündungen.

Anstelle von Antibiotika haben wir auf antimikrobielle Peptide (AMPs) gesetzt. Diese kleinen Proteine sind Effektoren des angeborenen Immunsystems und zerstören Erreger, indem sie deren Zellmembranen angreifen. Dieser Mechanismus erschwert es den Erregern, Resistenzen zu entwickeln.

Die Synthese von AMPs in großem Stil ist teuer und ineffizient. Aus diesem Grund ließen wir die Peptide direkt im Bakterium selbst produzieren, wofür wir das AMP auf einem Plasmid kodierten und dieses gezielt in P. aeruginosa einschleusten. Sobald das Bakterium das Plasmid aufgenommen hatte, begann es, das AMP selbst zu produzieren – und zerstörte sich damit selbst.

Vesikuläre Transportsysteme für gezieltes Einschleusen von Plasmiden in Bakterien

Für den Transport des Plasmids untersuchten wir zwei verschiedene Systeme: Lipid-Nanopartikel (LNPs) und Äußere Membranvesikel (Outer Membrane Vesicles, OMVs).

  • Lipid-Nanopartikel (LNPs) sind synthetisch hergestellte Vesikel (50–500 nm). Durch die Anpassung ihrer Lipidzusammensetzung und Modifikationen der Oberfläche konnten wir ihre Stabilität, Transportkapazität und Zielspezifität verbessern.
  • Äußere Membranvesikel (OMVs) hingegen sind natürliche Vesikel (20–200 nm), die von gramnegativen Bakterien gebildet werden. Sie spielen eine Schlüsselrolle beim Gentransfer und bei Stressantworten. Diese Vesikel statteten wir mit einem modularen SpyTag/SpyCatcher-System aus, das mithilfe eines Phage-Tail Proteins spezifisch an P. aeruginosa binden sollte.

Das AMP wird auf einem Plasmid kodiert, das von einem Pseudomonas-spezifischen Promotor (pel) gesteuert wird. Mithilfe von zielspezifischen Vesikeln wird das Plasmid in Pseudomonas aeruginosa eingebracht, wo das AMP exprimiert wird, wodurch die Erreger von innen heraus zerstört werden.

Grand Jamboree in  Paris: Projektpräsentation, Vernetzung und eindrückliche Erinnerungen

Im Oktober 2024 reisten wir mit vierzehn Teammitgliedern, drei studentischen Betreuer*innen und zwei Studienleiter*innen nach Paris zum Grand Jamboree im Parc des Expositions. Vier Tage lang präsentierten wir unser Projekt an unserem Informationsstand vor den anderen diesjährigen sowie ehemaligen iGEM-Teilnehmenden, Juror*innen, Forschenden und Vertreter*innen der Industrie. Ein besonderes Highlight war unser Live-Vortrag über die Integration von Ethik und Innovation in unser Projekt.

 

 

iGEM Grand Jamboree von oben. Bild: iGEM Foundation, (CC BY 2.0)

Darüber hinaus stand die Vernetzung mit Teams aus der ganzen Welt im Mittelpunkt der Grand Jamboree-Tage: Wir durften zahlreiche spannende Projekte kennenlernen und konnten wertvolle Erfahrungen austauschen. Dabei durfte natürlich auch Freizeitspaß nicht fehlen – vom spontanen Tischfußballturnier mit anderen Teams, über Gespräche auf der Sonnenterrasse bis hin zu abendlichen Stadterkundungen waren die Tage in Paris von einem lebhaften Rahmenprogramm begleitet.

 

 

 

Judging Day: die Herausforderungmeistern

Der dritte Tag des Grand Jamboree war für uns der wichtigste: unsere “Judging-Session” stand an, bei der wir unser Projekt in einem fünfminütigen Pitch vor den Juror*innen präsentierten, gefolgt von einer 20-minütigen Frage- und Antwortrunde. Die Aufregung war groß, aber wir waren gut vorbereitet und meisterten die Herausforderung. Diesen Erfolg feierten wir am Abend gemeinsam mit den anderen Teams und nutzten die Gelegenheit, uns weiter auszutauschen.

Preise und Auszeichnungen

Am letzten Tag wurden bei der Abschlussshow die Gewinner*innen des Wettbewerbs verkündet und wir waren begeistert, den Preis für das beste Projekt im Bereich Infektionskrankheiten zu gewinnen und unter die Top 10 der besten Overgraduate Projekte* gewählt zu werden. Darüber hinaus erhielten wir Nominierungen für für mehrere Overgraduate Special Awards, darunter:

  • Best New Composite Part (Bestes Bauteil)
  • Best Measurement (Bestes Messverfahren)
  • Best Integrated Human Practices (Bester Integrierter Expertenaustausch)
  • Best Presentation (Beste Präsentation)
  • Best Wiki (Beste Website)

Diese Auszeichnungen sind eine großartige Anerkennung für das Engagement und die harte Arbeit, die wir das ganze Jahr über in unser Projekt investierten.

* Overgraduate bedeutet: mindestens ein Mitglied unseres Teams ist über 23 Jahre alt oder/und hat bereits einen Hochschulabschluss.

 

 

Das iGEM Team Freiburg 2024 mit dem Award für das beste Projekt im Bereich Infektionskrankheiten. Obere Reihe von links nach rechts: Leon-Samuel Icking, Niels Geipel, Liv Neumann, Isabelle Tipp, Emil Kozma, Alexej Wolosski. Mittlere Reihe von links nach rechts: Dr. Pavel Salavei, Lucille Gutzmer, Dr. Nicole Gensch, Amelie Stange, Laura Pasman, Marina Hammerl. Untere Reihe von links nach rechts: Leonie Mungenast, Jan Zielinski, Mathilda Bertges, Nicole Kucera, Nafis Madappalli, Melita Dyla, Ivana Rozić. Bild: iGEM Foundation, (CC BY 2.0)

Dank und Anerkennung

Unser Erfolg wurde im Wesentlichen ermöglicht durch die unermüdliche Unterstützung unserer Principal Investigators, Dr. Nicole Gensch und Dr. Pavel Salavei, die uns beide in jeder Phase des Projekts bedingungslos zur Seite standen.
Ein großes Dankeschön geht außerdem an unsere studentischen Mentor*innen: Melita Dyla, Anne Frederiksen, Leon-Samuel Icking, Anna Indricane, Konstantin Jaeschke, Yara Jenin Jamal, Jonas Pleyer, Kevin Postol, Michael Spädt, Amelie Stange und Hannah Swientek.
Außerdem danken wir herzlich unseren Hauptsponsoren – der Universität Freiburg, CIBSS und BIOSS – sowie den vielen Laborgruppen, insbesondere dem Römer-Labor. Ihre großzügige Unterstützung, sei es durch Materialspenden oder ihre Expertise, hat entschieden zu unserem Erfolg beigetragen.

Dieses Jahr war für uns mehr als nur ein wissenschaftliches Projekt – es war eine vielseitige Erfahrung voller Herausforderungen, Lernen und Teamgeist, und wir sind gespannt, welche Ideen das iGEM-Team 2025 entwickeln wird.

Bericht von Liv Neumann, Mitglied des Freiburger iGem-Teams von 2024.