Forscher*innen des Universitätsklinikums Freiburg zeigen in einer neuen Studie, dass die Immunarchitektur bei Leberkrebs eine entscheidende Rolle für den Erfolg der Immuntherapie spielt. Mit hochmodernen Methoden analysierten die Forschenden das Immunsystem auf Zellebene und entdeckten drei Immun-Typen in Tumoren von Patient*innen. Die Freiburger Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen zeigten, dass diese Immun-Typen direkt beeinflussen, wie gut Betroffene auf eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren ansprechen. Veröffentlicht wurde die Studie am 30. September 2024 in der Fachzeitschrift Gut.
„Unsere Forschung zeigt, dass das räumliche Zusammenspiel von Immunzellen im Tumorgewebe den Erfolg der Immuntherapie maßgeblich beeinflusst“, sagt der Leiter der Studie Prof. Dr. Dr. Bertram Bengsch, Sektionsleiter an der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg, Mitglied des Exzellenzclusters CIBSS – Centre for Integrative Biological Signalling Studies und des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung am Standort Freiburg. „Mit diesem Wissen könnten wir in Zukunft die Patient*innen identifizieren, bei denen eine Immuntherapie besonders vorteilhaft ist, und daher frühzeitig angewandt werden sollte, sowie die, bei denen zusätzliche Therapien sinnvoll sind.“
Fortschritte in der Immuntherapie für Patient*innen mit Leberkrebs
Checkpoint-Inhibitoren aktivieren das Immunsystem gegen den Leberkrebs und werden bei Patient*innen im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung eingesetzt. Jedoch gibt es Menschen, die besser auf die Therapie ansprechen als andere. „Trotz der großen Fortschritte in der Behandlung gab es bislang keine Möglichkeit, das Ansprechen der Patient*innen vor Beginn der Therapie abzuschätzen“ betont Prof. Dr. Robert Thimme, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin II, der an der Studie beteiligt war.
Um zu verstehen, ob die Zusammensetzung und die Organisation der Immunzellen im Tumor mit dem Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren zusammenhängen, haben die Forschenden die sogenannte bildgebende Massenzytometrie angewendet. „Hiermit konnten wir die verschiedensten Zelltypen gleichzeitig und eindeutig im Gewebe feststellen“, erklärt Henrike Salié, die in ihrer Promotionsarbeit die Untersuchungen vornahm. „Die großen Unterschiede der Immunarchitektur zwischen den einzelnen Patient*innen haben mich zunächst überrascht. Die räumliche Verteilung der Immunzellen hat es uns dann erlaubt, die Tumore sinnvoll aus immunologischer Sicht zu gruppieren.“
Neue Wege zur verbesserten Versorgung von Patient*innen
Die Forschenden untersuchten Proben von über 100 Patient*innen aus internationalen Kohorten zusammen mit Kolleg*innen aus Heidelberg und London. Das Team identifizierte so drei Haupttypen von Tumorgeweben: immunreich, kompartimentalisiert und immunarm. Die aktuelle Studie zeigt, dass Patient*innen mit einem immunreichen Tumorgewebe die besten Überlebenschancen haben. Hier fanden sich besonders viele aktive Immunzellen, darunter sogenannte CD8-T-Zellen, die als entscheidend im Kampf gegen Tumorzellen gelten. Bereits bei kompartimentalisierten Tumoren, in denen die Immunzellen auf bindegewebige Anteile im Tumor begrenzt waren, zeigte sich eine verbesserte Wirkung der Checkpoint-Inhibitoren gegenüber immunarmen Patient*innen.
Diese Klassifizierung könnte in Zukunft im Rahmen der personalisierten Medizin helfen, die Therapie individuell anzupassen. „Mit diesem Wissen könnten wir je nach Immuntyp passgenauere Therapien einsetzen und gezielter andere Therapieoptionen für Patient*innen mit weniger guter Prognose entwickeln“, so Bengsch. Auf den Ergebnissen können nun klinische Studien aufbauen, die die Effizienz neuer Kombinationsbehandlungen weiter untersuchen.
Original Publikation
Henrike Salié, Lara Wischer, Antonio D’Alessio, Ira Godbole, Yuan Suo, Patricia Otto-Mora, Juergen Beck, Olaf Neumann, Albrecht Stenzinger, Peter Schirmacher, Claudia A M Fulgenzi, Andreas Blaumeiser, Melanie Boerries, Natascha Roehlen, Michael Schultheiß, Maike Hofmann, Robert Thimme, David J Pinato, Thomas Longerich, Bertram Bengsch (2024): Spatial single-cell profiling and neighbourhood analysis reveal the determinants of immune architecture connected to checkpoint inhibitor therapy outcome in hepatocellular carcinoma, In: Gut (30 September 2024). DOI: 10.1136/gutjnl-2024-332837
CIBSS Profil von Bertram Bengsch
Original Pressemitteilung des Universitätsklinikums Freiburg