Potenzial der Optogenetik für die Signalforschung
Als Ingenieurin und Biologin im Feld der synthetischen Biologie gehört Di Ventura zu denen, die eher die Gegenwart überholen, als Science-Fiction zu produzieren: Sie arbeitet an Zukunftstechnologien, um besonders für die Grundlagenforschung Nützliches zu schaffen: „Im Feld der synthetischen Biologie herrscht ein großer Erfindergeist“, erklärt sie. „Zuerst kommen die Spielereien, wie dieses Bild, aber dahinter stecken spannende Tools, mit denen neue Entdeckungen in der Signalforschung erst möglich werden.“ Die Bakteriografie-Bilder zeigen, wie präzise die von Di Ventura zusammengestellten Molekülkomplexe reagieren: Signale, wie in diesem Fall Lichtstrahlen, aktivieren ein Molekül, das an DNA bindet und dort als so genannter Transkriptionsfaktor wirkt – das bedeutet, es steuert die Genexpression: Im Laufe dieses Prozesses liest die Zellmaschinerie Gene aus und wandelte sie in RNA sowie schließlich in Proteine um. „Die Genexpression ist der Grund dafür, dass alle Zellen eines Organismus zwar das gleiche Genom haben, aber ganz unterschiedliche Funktionen ausführen können“, beschreibt Di Ventura. Um die Bakteriografie zu erstellen, erhielten die Bakterienzellen von Romano im Labor ein Genstück, das ein fluoreszierendes Protein kodiert. Wird BLADE durch blaues Licht aktiviert, bindet ein Teil des eingeschleusten Molekülkonstrukts an die DNA, und der Transkriptionsfaktor erhöht die Produktion des grün fluoreszierenden Proteins. Das geschieht aber nur bei den Bakterienzellen in der Petrischale, die mit Licht bestrahlt werden. „Wir haben den Plastikdeckel der Schale mit einer Maske des Bildes beklebt – eine Art Schablone. Im Foto leuchten die lichtdurchlässigen Flächen nun grün. Die Auflösung ist einmalig“, berichtet Di Ventura.
Die neue Technik erlaubt der Forscherin zum Beispiel, die Funktionen einiger Gene in Kolibakterien besonders schnell zu ergründen. Man würde meinen, das Genom des Bakteriums Escherichia coli, das wohl in jedem molekularen Labor dieser Welt zu Hause ist, sei inzwischen vollständig entschlüsselt. Doch von etwa 35 Prozent der Gene ist die Funktion noch nicht erforscht. Fügen Biologinnen und Biologen statt fluoreszierender Proteine als Zielgen für das optogenetische Werkzeug ein anderes Gen ein, kann dessen Expression lichtgesteuert aktiviert werden. Die Forschenden erkennen, wie die Genprodukte auf die Zelle wirken – handelt es sich zum Beispiel um ein Verdauungsenzym für einen Zucker, regt es das Wachstum der Bakterien an. Die Optogenetik könnte aber auch am Menschen angewendet werden. „Für die Behandlung von Organen in der Nähe der Körperoberfläche, wie etwa dem Auge, lassen sich solche optogenetischen Techniken seit Neuestem zwar schon einsetzen, aber ihr Hauptnutzen ist noch immer klar die Grundlagenforschung“, sagt Di Ventura.